UNESCO-Welterbe in Erfurt

Ein Artikel von Monika Stradner | 26.06.2024 - 16:51
erfurt_shutterstock_2039407232.jpg

Die Alte Synagoge steht hier schon seit dem 11. Jh. – seit 2023 zählt sie zum UNESCO-Welterbe © 2021 LouieLea/Shutterstock

Seit September 2023 ist Deutschlands Liste der UNESCO-Welterbestätten gewachsen: die Stadt Erfurt, bzw. ihr jüdisch-mittelalterliches Erbe, ist die mittlerweile 52. Nennung auf dieser Liste. Damit macht Erfurt Thüringen, den geografischen Mittelpunkt Deutschlands, zum Bundesland mit den meisten Welterbestätten.

Das jüdisch-mittelalterliche Erbe bilden drei Sehenswürdigkeiten: die Alte Synagoge, die Mikwe (ein jüdisches Ritualbad) und das Steinerne Haus. Sie bieten die Gelegenheit, auf den 900 Jahre alten Spuren des jüdischen Lebens in der Stadt zu wandeln und die authentischen Orte zu entdecken.

Alte Synagoge

Die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas beherbergt heute ein jüdisches Museum, hebräische Handschriften und den einzigartigen Erfurter Schatz, der zufällig bei archäologischen Arbeiten 1998 entdeckt wurde. Dieser insgesamt 30 kg schwere Fund stammt aus dem 13./14. Jh. und besteht aus Gold- und Silbermünzen sowie Schmiedearbeiten. Außerdem kann man Grabsteine eines weitgehend zerstörten mittelalterlichen jüdischen Friedhofs im Hof sehen. Die Synagoge, deren älteste Bauspuren bis ins 11. Jh. reichen, wurde im Zuge des Pogroms 1349 zu einem Lagerhaus umfunktioniert, später als Gasthaus genutzt. Dadurch wurde das Gebäude wohl davor bewahrt, im Zweiten Weltkrieg zerstört zu werden. Die Baugeschichte des Gebäudes zeigt das Spannungsverhältnis, in dem die jüdische Gemeinde in Erfurt lebte.

Jüdisches Ritualbad Mikwe

Eines der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Ritualbäder in ganz Europa befindet sich am Ufer der Gera: durch einen Zufall wurde es erst 2007 von Archäologen entdeckt. Es stammt aus dem 12. Jh. und diente zur kultischen Reinigung nach Berührungen mit Toten, mit Blut oder anderem, in religiösem Sinne, Unreinen. Da die Mikwe v. a. von Frauen genutzt wurde, hat sie den umgangssprachlichen Namen „Frauenbad“. Spuren deuten darauf hin, dass die Mikwe beim Porgrom 1349 massiv beschädigt wurde. Nachdem der Stadtrat die Juden im 15. Jh. zur Abwanderung aus Erfurt zwang, wurde die Mikwe von da an nicht mehr genutzt. Die Lage am Fluss ermöglichte es, dass das Wasser „lebendig“, also fließend war. Das war ein wichtiges Element der Wasserversorgung der Mikwe. 

Steinernes Haus

Das ehemalige Wohnhaus, das um 1250 fertiggestellt wurde, rückt am Benediktsplatz eindrucksvoll in die Aufmerksamkeit. Viele bauliche Strukturen sind bis heute nahezu original erhalten: die Portale zu den beiden Hauptgeschoßen, die Geschoßbalkendecke, die Westfassade, der ursprüngliche Treppengiebel und die Dachwerkshölzer. Die farbig gefasste Holzbalkendecke kann auf das Jahr 1247 datiert werden. Im Steinernen Haus befinden sich heute Büros und Geschäftsräume, aktuell wird an dem Gebäude historisch geforscht und daran gearbeitet, ein abgestimmtes Nutzungskonzept zu erstellen. Daher kann man es derzeit nicht öffentlich besichtigen.

erfurt_shutterstock_2453241793.jpg

Die Krämerbrücke mit dem Erfurter Stadtzentrum im Hintergrund © RudiErnst/Shutterstock

Abgesehen vom neuen Schauplatz als UNESCO-Welterbe war Erfurt auch bisher bereits ein spannendes Reiseziel. Eine reiche Kultur und Geschichte sowie Bauwerke sind charakteristisch für die Stadt im Herzen Deutschlands. Neben dem Dom St. Marien ist das Wahrzeichen der Stadt die Krämerbrücke. Sie ist die längste durchgehend mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke Europas. Der Bau war ursprünglich aus Holz, im Jahr 1325 dann aus Stein errichtet worden. 32 Häuser befinden sich auf der 120 m langen Brücke. Man schlendert heute noch an Galerien und kleinen Geschäften mit Thüringer Blaudruckstoffen, handbemalter Keramik und Holzschnitzereien vorbei.

Erst zum zweiten Mal wurde jüdisches Kulturgut in Deutschland mit dieser insgesamt 52. Ernennung zum Welterbe ausgezeichnet. Im Bundesland Thüringen befinden sich weitere vier davon: die Wartburg, die Bauhaus-Stätten in Weimar, das Klassische Weimar sowie der Nationalpark Hainich.

Info: www.erfurt-tourismus.de