Im historischen Prónaygarten

Ein Artikel von ÖBB/Monika Stradner | 20.01.2025 - 12:04
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Das Kunstwerk lässt uns in den historischen Biedermeier-Garten ins Hetzendorf des 18. Jh. reisen © Stradner

Ein zentraler Verkehrsknotenpunkt in Wien ist der Bahnhof in Meidling. Das für den Nah- und Fernverkehr wichtige Drehkreuz wird nicht nur im Sinne von Barrierefreiheit und neuen Sitzgelegenheiten stetig modernisiert. Seit Dezember 2024 ziert die gesamte Passage ein Kunstwerk – es verschafft damit dem Bahnhof eine einzigartige Note und integriert ganz nebenbei Kunst in den öffentlichen Raum, was ihn zum möglichen Ort des kulturellen Austauschs macht. Wer die neu gestaltete Passage im zügigen Vorbeigehen im Alltag noch gar nicht gesehen hat, sollte die nächste Wartezeit nutzen, um das Kunstwerk näher zu betrachten.

„Der verlorene Garten“ schmückt auf über 300m2 die gesamte Passage und ist inspiriert vom historischen Meidlinger Prónaygarten, der als schönster Biedermeiergarten seiner Zeit galt. Allerdings musste er aufgrund des Baus der Südbahnstrecke weichen – bildliche Darstellungen des Gartens sucht man vergebens.

Nun kommt der Künstler Christian Kosmas Mayer ins Spiel. Er hat eine spekulative Rekonstruktion durchgeführt und auf Basis seiner historischen Recherchen Zeichnungen angefertigt, die anschließend von einer auf Biedermeierkunst trainierten künstlichen Intelligenz überarbeitet wurden. Der Künstler beschreibt ein mehrstufiges, kreatives Wechselspiel zwischen seinen Bearbeitungen und der durch die künstliche Intelligenz entstandenen Darstellungen. Sie beruhen somit zwar auf Fakten, sind aber dennoch reine Fantasie – zeigen also nur eine Vorstellung des verschwundenen Gartens.

Durch diese Technik sind spannende Bilder entstanden, denen man ihren Entstehungsprozess auf den ersten Blick vermutlich nicht ansieht. Bei näherem Betrachten kann man Details entdecken, wie etwa Spaziergänger mitten auf den Gleisen oder Köpfe, die nicht von Blütenblättern zu unterscheiden sind. Reisende können dadurch in eine längst vergangene Zeit eintauchen, während sie sich einem der jüngsten Tools, der künstlichen Intelligenz, annähern.

Beachtliche Pelargonien-Zucht

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Beim genaueren Hinschauen fällt auf, wie sich das Gemälde durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz zusammensetzt © Stradner

Sigismund Freiherr von Prónay hat den Garten in der Hetzendorfer Straße 75 im Jahr 1817 erworben. Er initiierte und leitete Blumen- und Pflanzenausstellungen in Wien. Der Pflanzenexperte hatte eine Vorliebe für Pelargonien, die er auch züchtete. Seinen Park hat der spätere Vizepräsident der Wiener Gartenbaugesellschaft zu einem der schönsten und prachtvollsten in ganz Wien und Umgebung gemacht. Eine der berühmtesten Persönlichkeiten, die sich im prächtigen Prónay-Garten inspirieren ließ, war wohl der Komponist Ludwig van Beethoven, der im Jahr 1823 für einige Monate hier wohnte.

Info: Mythos Biedermeiergarten