Nur rund zweieinhalb Stunden von Wien entfernt liegt inmitten der fruchtbaren Flussebene Haná die Stadt Olmütz. Deutlich näher als Tschechiens Hauptstadt Prag – dennoch verschlägt es wenige Touristen dorthin. Die sechstgrößte Stadt Tschechiens ist viel mehr als nur Entstehungsort des berühmten Olmützer Quargels, einem Sauermilchkäse mit strengem Geruch. Die Stadt ist ein barockes, vom Massentourismus noch weitgehend unentdecktes Juwel, das als geistige und historische Metropole Mährens, aber auch dank seiner herausragenden Architektur und dem entschleunigten Lebensstil seiner Bewohner für Besucher einiges zu bieten hat. Auch Studenten verschlägt es immer häufiger in den Osten Tschechiens, ist die Stadt Olmütz doch Sitz der zweitältesten Universität des Landes.
Zu Fuß durch die Stadt
Von Wien, Prag, Brünn, Krakau und Bratislava ist Olmütz ganz einfach mit dem Auto oder dem Zug erreichbar. Im Zentrum angelangt, reicht ein bequemes Paar Schuhe, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Im Kommunismus hatte die Schönheit der Stadt einige Einbußen zu verzeichnen, das Zentrum wurde in den vergangenen Jahren jedoch renoviert und strahlt heute wieder im verloren geglaubten Glanz der einstigen Tage.
Alte Kirchen, pompöse Brunnen, wunderschöne Altbauten, Parks und Denkmäler säumen die Straßen und Wege in der ehemaligen „Stadt der Soldaten und Priester“.
Erste Anlaufstelle ist der berühmte Wenzelsdom, der dem Fürsten und Heiligen Wenzel von Böhmen gewidmet wurde. Obwohl der Dom im 12. Jh. gegründet wurde, stammt sein heutiges neugotisches Erscheinungsbild aus dem 19. Jh. Ein prägendes Wahrzeichen des Olmützer Stadtbildes ist neben dem Wenzelsdom auch die St. Michael-Kirche, die auf dem sagenumwobenen Hügel Michalské návrší thront. Sein Fuß war zur Jahrhundertwende des 17. und 18. Jh. von sechs Springbrunnen mit je einer Statue eines antiken Gottes umringt. Am Platz Náměstí Republiky passiert man einen von ihnen, den Triton-Brunnen, der Teil des Ensemble der Olmützer Barockbrunnen aus 1709 ist.
Die Überbleibsel des Krieges
Der Wenzelsdom bildete ursprünglich zusammen mit dem Bischofspalast einen Teil der Burganlage der Stadt Olmütz © Valery Bareta/Shutterstock
Die Stadt durchlief über die Jahrhunderte ihrer Existenz mehrere Kriege. Demzufolge sind neben den zahlreichen historischen Sakralbauten auch solche geschichtsträchtige Elemente in Olmütz zu finden. Auf dem Weg zum Oberring oder auch „Horní náměstí“, dem wichtigsten Platz in der Olmützer Altstadt – hier befinden sich das Rathaus mit seiner weltberühmten astronomischen Uhr im sozialrealistischen Stil, die UNESCO-Dreifaltigkeitssäule, Herkules-, Arion- und Jupiterbrunnen – lädt ein Streifzug durch den Bezruč-Park ein. Darin ist noch das jüdische Tor der mittelalterlichen Befestigungsanlage erhalten. Auch ein Mausoleum, in dem all jene südslawischen Soldaten, die auf dem Gebiet Mährens und Schlesiens im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen, begraben liegen, ist bis auf einige Graffitis noch gut in Schuss.
Gäste Olmütz‘, die außerdem an der Geschichte des Kalten Krieges interessiert sind, können für nicht einmal einen Euro einen alten Zivilschutzbunker besichtigen. Er wurde zwischen 1953 und 1956 für die Oberhäupter der Stadt im Falle eines Angriffs der Westmächte mit chemischen oder nuklearen Waffen gedacht – dementsprechend gut bestückt ist die Einrichtung. Ärztliche Pflege erhielten die Soldaten ab 1802 im Kloster Hradisko, einem architektonischen Höhepunkt am Stadtrand von Olmütz. In seiner jetztigen Form wurde es 1661 bis 1737 im Barockstil errichtet. Die Anlage beherbergt bis heute das Olmützer Militärkrankenhaus und ist frei zugänglich.
Unerwartete Schönheiten
Nicht unweit des „Oberen Platzes“ steht die St. Moritz-Kirche, die zu den wertvollsten Bauwerken der Spätgotik in Mähren gehört. Bereits 1257 erstmals erwähnt, wurde sie im 15. Jh. maßgeblich ausgebaut. Von der ursprünglichen Kirche ist nur noch ein größerer quadratischer Turm erhalten. Besondere Aufmerksamkeit sollte aber auch ihrem Inneren geschenkt werden. Dort steht nämlich die Engler-Orgel aus dem Jahr 1745. Mit 135 Registern und 10.400 Pfeifen ist sie die größte Orgel Mitteleuropas.
Erfüllt von Leben ist die Stadt fast das ganze Jahr über – besonders aber während der zahlreichen Festivals. Ein Abstecher zu einem davon, und zur Quargel Konditorei in Loštice, sollte in Olmütz auf jeden Fall auf dem Programm stehen.