Der Unterwasserwald im Altausseer See

Ein Artikel von Michaela Tebaldi/Österr. Bundesforste | 26.08.2022 - 11:18
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Einer der 100 Baumstämme des Unterwasserwaldes wurde für Forschungszwecke aus dem See geborgen © Erich Kainzinger

Rund 100 stehende Baumstämme mit Höhen von 1 bis etwa 15 m stehen über den kompletten Altausseer See verteilt – dieser "Unterwasserwald" ist seit den 1970er-Jahren bekannt und wird seit 2019 genau erforscht. Im Rahmen des aktuellen Forschungsprojektes wurde auch ein etwa 10 m hoher Baumstamm, welcher ca. 100 Meter vom Ufer entfernt in einer Tiefe von rund 18 Metern stand, aus dem See geborgen und dendrochronologisch untersucht. 

Die Weißtanne stammt aus dem frühen Mittelalter

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Die Bergung der 6 t schweren Weißtanne erforderte Zeit und Geschick © Erich Kainzinger

Die Bergung der Weißtanne war kein leichtes Unterfangen: Um den rund 6 t schweren Baumstamm aus dem Seegrund zu lösen, musste dieser mittels einer Traktorseilwinde umgezogen, mit drei Hebeballons an die Wasseroberfläche gebracht und von der Feuerwehr mit einem Boot an Land gezogen werden. Erst dann konnte der Wurzelstock und eine 15 cm dicke Baumscheibe abgeschnitten werden. Auch von den unter Wasser stehenden Baumstämmen wurden Proben genommen. 
Untersucht wurde die Weißtanne dann  am Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe an der Universität für Bodenkultur.  „Das Ergebnis der Holzaltersbestimmung übertraf alle unsere Erwartungen: Der Baum hat bereits rund 600 nach Christi – also im Frühmittelalter – begonnen zu wachsen“, so Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste, die gemeinsam mit der BOKU und der Walter Munk Foundation for the Oceans für das Projekt verantwortlich sind. Der Baum weist 247 Jahresringe auf und ist 859 nach Christi abgestorben. 

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Von dem Stamm mit 1 m Durchmesser wurde eine Scheibe für Untersuchungen abgetrennt © Erich Kainzinger

Erforschung des Unterwasserwaldes

Auch der restliche "Unterwasserwald" wurde genau untersucht: "Mithilfe eines ferngesteuerten Unterwasserroboters und hochauflösenden Fächerecholots konnte ein präzises 3D-Modell des Seebeckens erstellt werden. Es zeigt u. a. Sedimentformationen verschiedenster Art, große Felsblöcke, kraterförmige Unterwasserquellen und rund 100 stehende Baumstämme über den kompletten See verteilt“, berichtet Projektleiter Erwin Heine von der BOKU. Wie die 100 Baumstämme in den See gekommen sind – etwa durch ein tektonisches Ereignis, oder ob sie an Ort und Stelle gewachsen sind – wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.