Alles Käse im Bregenzerwald: Vorarlberger Kässpätzle

Ein Artikel von Redaktion | 19.11.2014 - 08:37
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Mindestens 6 Monate, im Idealfall sogar bis zu 18 Monate reifen die Käselaibe im Keller. Zwischendurch werden sie mit Salzwasser gewaschen © Miguel Dieterich

„Almhütten an Touristen vermieten – das gibt’s bei uns keinesfalls“, freuen sich die Einheimischen des Bregenzerwaldes. Die Landschaftspflege durch die Bauern ist hier nicht Hauptzweck, sie geschieht seit jeher fast automatisch als Nebenprodukt. Auch die Käseherstellung aus der silofreien Rohmilch in der eindrucksvollen Region im Westen Österreichs hat sich seit Jahrhunderten nicht geändert. Und jeder der einmal einen echten Vorarlberger Bergkäse gekostet hat, kann den Bewohnern des Bregenzerwaldes nur Recht geben.

Von der Milch zum Käse

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Die Abendmilch des Vortages wird entrahmt und mit der Morgenmilch gemeinsam im Kupferkessel bei 32 °C erwärmt © Miguel Dieterich

Ist die Abendmilch gemolken, kommt sie in kuhwarme Holzbottiche und wartet auf den nächsten Morgen. Der Rahm, der sich über Nacht bildet und sich an der Oberfläche sammelt, wird abgeschöpft und gleich danach zu herrlich frischer Butter verarbeitet – allein der Gedanke an frische Butter auf dunklem Brot lässt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Die entrahmte Abendmilch wartet nun auf die Milch, die am Morgen gemolken wird und die ihren Rahm behält. Abend- und Morgenmilch kommen gemeinsam in einen Kupferkessel und werden auf peinlich exakte 32 °C erwärmt. Jetzt kommen die Bakterienkulturen und Labfermente hinzu und das Ganze bleibt bei kontinuierlichen 32 °C stehen, bis es dick wird.

Panta Rhei in der Käserei

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Mit der "Käseharfe" wird die nach Zugabe von Bakterienkulturen und Labfermenten eingedickte Käsemasse geschnitten © Miguel Dieterich

Mit der Käseharfe – einem Rührgerät mit feinen Metalldrähten – wird die dicke Masse zu erbsengroßer Körnung geschnitten, und unter ständigem Rühren auf 50 °C erhitzt, bis die Masse eine festere Konsistenz annimmt. Alle Arbeitsvorgänge geschehen in permanenter Bewegung und der Käser hat dazu keine technischen Hilfsmittel zur Hand. Pumpen sind streng verboten. „Panta Rhei“ – „alles fließt“ – könnte man hier Platon zitieren.

Der „Käsebruch“ kommt in die Käselaib-Formen und die Zeit des geduldigen Wartens beginnt, aber ausdauernde Geduld wird den Alemannen ohnehin nachgesagt. Nicht mehr als 12–15 °C darf der Käsekeller haben, feucht soll er sein, und die Laibe möchten oft gewendet und mit Salzwasser gewaschen werden.

Gut Ding braucht Weile

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Im Mai, wenn die Kühe wieder auf die Weide kommen, schmeckt der Käse am besten. Das Aroma der frischen Gräser und Kräuter geht dann in die Milch und in den Käse über © Miguel Dieterich

Mindesten 6 Monate aber am besten 14–18 Monate sollen die 5 kg schweren Laibe in den Kellern der Käsebauern liegen. Erst dann erreicht er eine Reife und ein Aroma und die „Wälder“ können ihn als den ihren akzeptieren.

Immer mehr Industriekäse findet sich unter dem ungeschützten Begriff „Bergkäse“ in den Supermarktregalen, und so haben die Erzeuger des echten Vorarlberger Bergkäses beschlossen, ihr hochwertiges Produkt und die Genießer durch eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) und die geschützte geografische Angabe (g. g. A.) vor billiger Nachahmung zu bewahren.

Strenge Richtlinien

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Wer einmal einen echten Vorarlberger Bergkäse gekostet hat, wird den Unterschied zu konventionellem "Berggäse" schmecken © Miguel Dieterich

Für ein 20 kg schweres Rad köstlichen Bergkäses darf die Kuh schon 240 l Milch hergeben, und wenn der Herbst naht, verkleinert sich der noch immer beachtliche Laib auf 12 kg. Weniger Milch im Herbst ergibt eben weniger Käse – so einfach ist die Rechnung in der Manufaktur auf den Almen.

"Die Richtlinien, die die Bauern sich selbst verordnet haben, um den besten Käse herzustellen,sind strikter als die Vorschriften für biologischen Käse“, ist Stephan Gruber, Mentor von 5 Käsebauern aus dem Bregenzerwald, überzeugt. Und reiht sich damit bei jenen Produzenten ein, die der Biozertifizierung oft nur aus bürokratischen Gründen ausweichen möchten.


Info: www.kaes.at

Rezepttipp: Vorarlberger Kässpätzle

Zutaten für 4 Personen
500 g Kuchen- oder Spätzlemehl
Salz, Pfeffer und etwas frisch geriebene Muskatnuss
250 ml Milch
6–7 Eier
200 g geriebener Bergkäse
150 g geriebener Rässkäse
50 g geriebener Emmentaler
2 kleine Zwiebeln

Zubereitung
Mehl mit Salz, Pfeffer und der geriebenen Muskatnuss mischen, Milch und Eier dazugeben und einen Teig bereiten. Diesen durch den „Spätzler“ in einen großen Topf kochendes Salzwasser reiben. Einmal aufkochen lassen und die Spätzle in eine Schüssel abschöpfen. Ruhig ein wenig „Spätzlewasser“ dazugeben. Schnell den geriebenen Käse mit dem Kochlöffel unter die Spätzle mischen, bis er „Fäden“ zieht.

Die Zwiebel in Ringe schneiden und in Butter goldbraun braten. Käsespätzle auf dem Teller oder in einer Holzschüssel anrichten und mit den Zwiebelringen garnieren. Dazu serviert man Kartoffelsalat, weniger üppig Blattsalat oder – ganz typisch – Apfelmus.

Quelle: Auszug aus dem Buch "Österreich genießen"