In kaum einem anderen europäischen Land wird so viel mit dem Zug gereist wie in Österreich. Da stellt sich natürlich die Frage, welche heimischen Bahnhöfe am besten abschneiden. Mehr lesen ...
Fangen wir von vorne an, denn die Entwicklung der Wiener Wasserversorgung beginnt bereits in der Römerzeit mit ersten Wasserleitungen. Im Mittelalter war die Stadt auf Brunnen angewiesen, was v. a. während der Pest zu erheblichen hygienischen Problemen und Krankheiten führte. Im Jahr 1525 stellte ein Großbrand die Bevölkerung vor zahlreiche Herausforderungen, da man erkannte, dass die verfügbare Wassermenge nicht ausreichte. Als Reaktion darauf wurde mit dem Bau der „Hernalser Wasserleitung“ im heutigen 17. Wiener Gemeindebezirk begonnen.
Mitte des 19. Jh. standen den 326.000 Einwohnern Wiens täglich nur 4 bis 5 l Wasser pro Kopf zur Verfügung. Der Großteil bezog das Wasser damals noch aus Hausbrunnen. Zum Vergleich: 2023 verbrauchte ein Wiener durchschnittlich 130 l pro Tag. Die „Albertinische Wasserleitung“ (1804) und die „Kaiser Ferdinands Wasserleitung“ (1841) waren Lösungsversuche für die damalige Wasserknappheit in der Stadt.
Im 19. Jh. führte eine Typhus- und Cholera-Epidemie zur Notwendigkeit einer Modernisierung der Wasserversorgung, was 1873 zur Eröffnung der I. Wiener Hochquellenleitung (damals „Kaiser-Franz-Josef-Hochquellenleitung“) führte. Nach einer vierjährigen Bauzeit konnte frisches Quellwasser aus dem Rax- und Schneeberggebiet im freien Gefälle nach Wien transportiert werden. Darauf folgte 1910 die II. Wiener Hochquellenleitung, um der wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden. Ihr Ursprung liegt im steirischen Salzatal im Hochschwabgebiet. Zur Gewährleistung der Wasserreinheit wurden die Einzugsgebiete dieser Quellen unter wasserrechtlichen Schutz gestellt.
Historische Meisterleistung trifft auf aktuelle Herausforderungen
Die Bewohner Wiens sind zu Recht stolz darauf, in einer Metropole zu leben, die mehrfach zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt wurde. Diese Spitzenplatzierung verdankt die Perle an der Donau u. a. der hervorragenden Trinkwasserqualität, die auch heute noch zu 95 Prozent auf die beiden Hochquellenleitungen zurückzuführen ist. Während das Quellwasser der I. Hochquellenleitung eine Strecke von 150 km zurücklegt und dabei 30 Aquädukte passiert, setzt die II. sogar noch einen drauf. In 36 Stunden überwindet das Quellwasser eine Distanz von 180 km und durchfließt 100 Aquädukte. Zur Erklärung: Bei Aquädukten handelt es sich um Bauwerke zum Transport von Wasser. Im Fall von Wien befinden sich diese in Niederösterreich entlang der Hochquellenleitungen und transportieren die lebensnotwendige Ressource durch natürliches Gefälle ohne eine einzige Pumpe in die Bundeshauptstadt. Bevor das Wasser schließlich in das Rohrnetz eingespeist wird, durchläuft das am besten untersuchte Lebensmittel eine gründliche Desinfektion.
Wie viele Bereiche der Infrastruktur bleibt auch die Wiener Wasserversorgung nicht von Herausforderungen der Klimakatastrophe verschont. Die zunehmende Erderwärmung führt zu extremen Hitzeperioden: Der diesjährige Sommer hat mit über 50 Tropennächten in Wien, also Nächten, in denen es nicht kälter als 20 Grad wird, einen neuen Rekord aufgestellt. Dazu kommt das stetige Bevölkerungswachstum, wobei das von Bezirk zu Bezirk variiert. Während in bevölkerungsreicheren Bezirken wie in der Donaustadt ein überdurchschnittliches Wachstum von über 16 Prozent erwartet wird, sind es in innerstädtischen Bezirken wie am Alsergrund weniger als 8 Prozent. In einem Strategieplan geht die Stadt Wien demnach davon aus, dass sich der durchschnittliche Wasserbedarf von rund 390.000 m³ (2022) auf etwa 450.000 m³ (2050) pro Tag erhöhen wird.
Wien stärkt Wassersicherheit
Eine Antwort auf die Hitzeproblematik sind Puffer in den Wasserbehältern der Stadt. Von den Enden der Hochquellenleitungen mündet das durchsichtige Gold in 31 Wasserbehälter, von denen sich 29 in Wien und 2 außerhalb des Stadtgebietes befinden. Zusammen weisen diese ein Speichervolumen von 1,6 Mio. m³ auf, was dem Wasserverbrauch der Wiener Bevölkerung in etwa 4 Tagen gleicht. Bei vorhergesagten Hitzewellen werden diese Speicher im Vorfeld entsprechend mehr befüllt. Dennoch ist man sich bewusst, dass weitere Vorkehrungen getroffen werden müssen, um zukünftige Herausforderungen bewältigen zu können.
Aus diesem Grund evaluiert die Stadt Wien – Wiener Wasser laufend innovative Projekte zur zusätzlichen Sicherung der Wasserversorgung. Derzeit wird im Rahmen der Strategie „Wiener Wasser 2050“ an einer 3., 4. und 5. Trinkwasserhauptleitung gearbeitet. Letztere soll mit einer geplanten Länge von 5,2 km die Wasserverteilung im Norden und Westen der Bundeshauptstadt sicherstellen. Bis Ende 2026 sollen die drei Bauabschnitte im 16., 17., 18. und 19. Wiener Gemeindebezirk abgeschlossen sein. Doch was genau ist mit „Wiener Wasser 2050“ gemeint? Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um einen Strategieplan, der u. a. den nachhaltigen Ausbau, die Qualitätssicherung und die klimaneutrale Behandlung der Wiener Wasserversorgung in den nächsten Jahrzehnten anstrebt. Paul Hellmeier, Betriebsvorstand der Wiener Stadtwerke, veranschaulicht seine Vision wie folgt: „Ziel der Stadt Wien – Wiener Wasser ist es, unser Lebensmittel Nummer 1 langfristig für die Millionenmetropole Wien zu sichern.“ Apropos Zukunft: Wer Sorge vor einem Blackout hat, kann beruhigt aufatmen, denn sollte dieses Szenario eintreten, hätte der überwiegende Großteil der Wiener aufgrund der gravitativen Quellwasserversorgung ohne Pumpenergie weiterhin Zugang zu Wasser in ihren Haushalten.
Nachhaltigkeit fördern und Ressourcen schonen
Die Stadt Wien setzt mit der Bereitstellung von kostenlosen Trinkwasserbrunnen bereits einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, da durch die Möglichkeit zur Wiederbefüllung deutlich weniger Plastik verbraucht wird. Auch regelmäßige, aber moderate Niederschläge wären laut Experten hilfreich, um das Absinken des Grundwasserspiegels zu verhindern. Ein Hochwasser, wie wir es erst kürzlich um den 15. September erlebt haben, ist jedenfalls kontraproduktiv, da der Boden, abgesehen von den gravierenden Folgen für die Betroffenen, so viel Wasser nicht auf einmal aufnehmen kann.
Um einen nachhaltigen Konsum zu fördern, ist natürlich auch die Bevölkerung gefragt. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass in der Bundeshauptstadt Österreichs immer genug von allem vorhanden ist, sollte angesichts der immer häufiger auftretenden Wetterextreme und als Gegenbewegung zum unbewussten Massenkonsum ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasser zur Selbstverständlichkeit werden. Dazu bieten sich einfache Maßnahmen im Alltag an, wie z.B. nur kurz zu duschen, Regenwasser für Pflanzen zu sammeln oder den Wasserhahn beim Zähneputzen abzudrehen.
Fakt ist aber, dass Wien in Sachen Wasserversorgung eine echte Vorzeigestadt ist, denn kaum eine Großstadt kann mit der Reinheit und der herausragenden Qualität des Wiener Trinkwassers mithalten.